Ertrunkene tauchen im Bodensee nur selten auf
FRIEDRICHSHAFEN - Seit dem Dienstag suchen die Behörden im Bodensee
nach
einem ertrunkenen Fischer. Ihre Chancen sind gering, denn wer im Bodensee
ertrinkt, taucht nur selten wieder auf.
Der 41-jährige Mann war am Dienstag vor der Hafeneinfahrt von Friedrichshafen
(D) mit dem Ausflugsschiff «Karlsruhe» kollidiert. Dabei fiel
er aus seinem Boot und
ertrank. Die Suche mit 20 Polizeitauchern sowie einem Forschungsschiff
verlief
bislang erfolglos. Wenn sich in den Kleidern des Mannes Luftblasen gebildet
haben
und sich die Leiche dadurch in einem Schwebezustand befindet, kann sie
durch die
Strömung weiter in den See hinausgetrieben worden sein, wie Edwin
Baur, Chef der
Wasserschutzpolizei Friedrichshafen, sagte. «Wenn sie dort absinkt,
besteht keine
Chance, dass sie je wieder auftaucht.»
Seine Behörde führt seit 40 Jahren in ihrem Zuständigkeitsbereich
Statistik über
Ertrunkene. In dieser Zeit hat der See 65 Opfer nicht wieder hergegeben.
Die
Seepolizei Thurgau kennt zwar keine Zahlen, das Phänomen der nicht
mehr wieder
auftauchenden Wasserleichen ist aber auch dort bekannt. Laut Seepolizeichef
Fritz
Hefti ist bei 30 Metern Wassertiefe im Bodensee die Temperatur konstant
tief, so
dass der Fäulnisprozess ausbleibt. «Es bilden sich keine Fäulnisgase,
welche die
Leiche an die Wasseroberfläche treiben», sagte er. Bekleidete
Ertrinkungsopfer
seien zudem viel schwieriger aufzufinden als solche, die nur ein Badekleidung
tragen. Kleider saugen sich mit Wasser voll und behalten die Leiche auf
Grund. Der
Bodenseegrund hat eine dicke Sedimentsschicht und ist an vielen Stellen
sehr
uneben. Echolot und Unterwasserkameras können bei der Suche nach Ertrunkenen
nicht optimal eingesetzt werden.
Vorübergehendes Auftauchen aus geringer Tiefe
Ertrunkene, die nicht tiefer als 20 Meter liegen, tauchen in der Regel
nach einigen
Tagen wieder auf, wie Philipp Gaus, Präsident der Seerettung Rorschach
(SG),
sagte. «Die Leichen bleiben dann zwei bis drei Tage an der Wasseroberfläche.
Werden sie in dieser Zeit nicht entdeckt, sinken sie wieder ab und tauchen
nie
wieder auf».
Einige der verschwundene Wasserleichen sorgten in den letzten Jahren für
Schlagzeilen. So etwa der Pilot einer im April 1994 vor Altenrhein (SG)
abgestürzten
Cessna sowie eine Prostituierte aus Tschechien, die mit drei weiteren Passagieren
in
der Maschine sass. Der Absturz löste Katastrophenalarm aus, denn laut
einem
Gerücht soll sich in dem Flugzeug hochradioaktives Cäsium befunden
haben. Ein
knappes Jahr zuvor stürzte ein arabischer Helikopter vor Friedrichshafen
in den See.
Die vier nicht wieder aufgetauchten Opfer sollen hochrangige Geheimagenten
gewesen sein.